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Schnüffelhunde
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Chilly schnüffelt an Metall

„Und dann kann so ein Hund einen aus einer Menschenmenge erschnüffeln und sie machen bei der Demo Jagd…“ – kaum ein Übergriff bekam so ein Medienecho und bot so viel Raum für phantasievolle Spekulationen wie die Entnahme von „Geruchsproben“. Keine Ahnung, was so ein Hund alles kann. Mit oben beschriebener Horror-Vision1 sollte er aber überfordert sein.

Ein Haufen quadratischer Metallröhrchen wird am 9. Mai von extra eingefahrenen Spezialist_innen präsentiert mit der Aufforderung, diese je eine Minute in jeder Hand zu halten und dann in ein Einmachglas zu geben. Der Geruch würde sich übertragen und das sei auch ohne richterlichen Beschluss okay, sei ja was „ganz Normales“ und gehöre zu einer ED-Behandlung, nur werde es eben selten gemacht. Verschiedene Anrufe (ich erreiche schließlich den EA) später ist klar, dass keine_r diese neue „Normalität“ kennt, und der Übergriff lässt sich scheinbar nicht mehr hinauszögern. Das ganze dauert ewig, dann sind alle Röhrchen im Glas und ich werde zurück in eine Zelle gebracht.

Ein Sonderordner informiert, was mit den Röhrchen weiter passierte. Es gibt anscheinend Bekenner_innenschreiben, die, seitenweise in Plastiktüten verpackt, eine „Duftkopie“ darstellen sollen und die von uns „kontaminierten“ Röhrchen im Einmachglas. Nun wollen sie schnuppern, ob da was ähnlich riecht.

Schon fünf Tage nach der Durchsuchung beginnen die Schnüffelhunde. Insgesamt 5 DHs mit albernen Gewürznahmen schnüffeln mit ihren DHF2s zuerst an dem Bekenner_innenschreiben und versuchen dann am richtigen Röhrchen zu bellen. Das Richtige wäre in der Logik der Verfolgungsbehörden eines, das wir in der Hand gehabt haben.

Keiner der Hunde bellt, was jedoch grundsätzlich nicht als entlastendes Indiz gewertet wird. Schließlich könne das ganz verschiedene Gründe haben. Die Hunde könnten versagen und sich nicht ordentlich konzentrieren, weil vielleicht zu viele verschiedene menschliche Gerüche am Schreiben seien. Der erhaltene Geruch sei zu schwach, so dass die Hunde ihn nicht riechen würden, die gesuchten Aktivist_innen hätten neuwertige Handschuhe benutzt.

Grundsätzlich wird versucht, keine Zweifel aufkommen zu lassen. Entlastende Indizien gibt es nicht im System der Verfolgungsbehörden. Die Hunde bellen nicht? Na Pech, die vorher als so sicher gelobte Methode Geruchsprobe war eben doch nicht gut genug, wahrscheinlich haben sie nur schlecht geschlafen. Wenn nicht das gewünschte Ergebnis rauskommt, muss eben weitergeschnüffelt werden.

Heute scheint es in einer ähnlichen Situation nicht sinnvoll solche Röhrchen in die Hand zu nehmen.

Es ist nicht klar, ob eine Geruchsprobe mit Gewalt durchgesetzt wird. Nicht einmal, ob solcherart gewonnene Proben überhaupt verwertbar sind, da sie möglicherweise dann zusätzlich mit dem Geruch des_der Gewalttätigen „kontaminiert“ sind. Ohne die Überrumpelung durch diese neue Methode kann und sollte anders reagiert werden. Auch das Medienecho, in dem die Methode „Geruchsprobe“ beinahe komplett verurteilt wurde, stützt möglicherweise eine Verweigerungshaltung.

1Die übrigens auf einem SPIEGEL-Artikel beruhte. DER SPIEGEL schrieb eine ganze Menge über diese „weiterentwickelte Stasi-Methode“.

2In der Akte wird nicht direkt erklärt, um was es sich handelt. Aus dem Zusammenhang lässt sich Diensthunde und Diensthundeführer_innen schließen. Ich bin belustigt, dass sie sich immer wieder selbst durch kryptische Abkürzungen aus der Verantwortung ziehen. Wir sind nur ein Werkzeug, ein DHF, wir können nichts dafür…

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